Epilog




Takaris starrte aus dem Fenster seines Gemachs auf das dichte Grün des Blutwalds, seiner Heimat. Er würde ihr nicht entfliehen können.
Und eigentlich wollte er es auch gar nicht. Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er an den Blick dachte, den ihm seine Gebieterin zugeworfen hatte, als sie an ihm vorbeigeschritten war. Die Bewegung seiner Mundwinkel ließ den Blutwächter qualvoll zusammenzucken, eine Reaktion, an die er so gewöhnt war, daß er schon seit Ewigkeiten nicht mehr darauf achtete. Ein kleiner roter Tropfen löste sich von der Spitze eines Dorns und fiel auf die Uniform, wo er spurlos verschwand.
Diese drei Fremdlinge würden das vielleicht nie verstehen - aber obwohl er wußte, daß es früher oder später sein Tod sein würde, liebte er seine Herrin mit all dem Schmerz, der damit verbunden war. Er konnte Alachia nicht verlassen. Und er konnte nie etwas anderes sein als ein Blutelf, ein Befleckter, ein Verdammter.
Dennoch blickte Takaris sehnsüchtig nach Süden, in die Richtung, in der die Drei verschwunden waren, denen er sein Leben verdankte. Daß er vor einigen Monaten damit begonnen hatte, vorsichtige Verbindungen zu den niederen Rassen zu knüpfen, war einer logischen Überlegung entsprungen. Es war für die Blutelfen einfach notwendig, die Außenwelt wenigstens zur Kenntnis zu nehmen. Und vielleicht ließ sich durch Handel und Gedankenaustausch die Macht des Elfenhofes allmählich wieder zu dem machen, was sie einmal für Barsaive bedeutet hatte. Daß er durch seine Kontakte ein Leben kennenlernen würde, das sich so völlig von seinem bisherigen Dasein unterschied, hatte Blutwächter nicht erwartet.
Mochten die Abenteurer oder der verrückte alte Magier aus Haven auch noch so unbedeutende Wesen sein, sie besaßen etwas unendlich Wertvolles - Freiheit. Und so überlegen, wie er sich immer gefühlt hatte, schien er doch nicht zu sein.
Wieder lächelte er schmerzhaft, als er sich an die merkwürdige Empfindung erinnerte, die ihn beschlichen hatte, als ihn die drei Außenseiter als Freund bezeichnet hatte. Er war herabgesunken auf ihre Bedeutungslosigkeit und gleichzeitig hatte er sich anerkannter gefühlt als je zuvor in seinem langen Leben.
Dolmos hatte ihm einige Male die Dornen herausgerissen und für den kurzen Moment zwischen diesem entsetzlichen Schmerz und der unendlichen Qual des Nachwachsens hatte Takaris geahnt, wie es sein mochte, ohne seinen Fluch zu leben, etwas, was er sich immer gewünscht hatte.
Vielleicht fanden seine Freunde - ein eigenartiges Wort - doch einmal eine Möglichkeit. Auch darin unterschied sich Takaris von den meisten anderen seiner Rasse: Er hatte einen Hauch von Vertrauen und ein winziges bißchen Hoffnung.



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