Szene 3


Der verbotene Wald




Hoffentlich machen sich die Helden am nächsten Tag freiwillig auf Informationssuche, ansonsten werden sie kurz nach dem Frühstück von ziemlichem Geschrei draußen geweckt: In der Nacht ist wieder einmal ein Dorfbewohner verschwunden, diesmal ein Zwerg, der einfach grundlos aus seinem Bett gestiegen ist. Bei genauem Nachsehen finden die Charaktere hinter seinem Haus schleimige Spuren unter dem Fenster des Schlafzimmers; falls es aber keine Dämonenspezialisten in der Gruppe sind, läßt sich daraus noch nichts weiteres entnehmen. Die Fußspuren des Zwergs lassen sich bei hoher Wahrnehmung bis zum Fuß des nächsten Hügels verfolgen, verlieren sich dann aber auf dem steinigen Untergrund.
Die Garlen-Questorin hockt immer noch mit untergeschlagenen Beinen auf dem Dorfplatz und murmelt; sie weist alle Anzeichen schwerster Erschöpfung auf. Ein Troll kann bei guter Wahrnehmung erkennen, daß es sich bei den Worten wirklich um keinen verständlichen Dialekt handelt, aber ein paar Silben klingen bekannt. Etwas wie "Gefahr" und "beschützen" und "Baum" läßt sich mit viel gutem Willen heraushören. Ansonsten lassen sich im Dorf nur die von Cella erzählten Gerüchte bestätigen und das Gefühl der allgemeinen Panik der Dorfbewohner spüren.
Hinter dem Hügel liegt in einer Wegstunde Entfernung der verbotene Wald, zu dem sich die Gruppe dann sicherlich aufmacht, spätestens wenn sie bemerken (oder jemand sie darauf aufmerksam macht), daß die Orkin genau in diese Richtung starrt. Die besten Wünsche und jede Menge Warnungen der Dorfbewohner begleiten sie. Hinter dem Hügel finden sie auch die Fußspuren des Zwerges wieder, jemandem mit guten Kenntnissen fällt auf, daß die Spuren so wirken, als wäre der Mann langsam und mit schleppenden Füßen gelaufen.
Der verbotene Wald wirkt eigentlich gar nicht so gefährlich, er ist ein locker mit Laubbäumen bewachsenes Fleckchen in der Steppe. Allerdings finden die Helden ziemlich schnell eine weniger leckere Angelegenheit: In den Ästen eines Baumes ziemlich am Rand des Waldes hängt die Leiche eines jungen Menschenmannes, an der sich schon Raubvögel und Aasfresser vergnügt haben. Der Mann scheint sich selbst erhängt zu haben, jedenfalls ist keine Fremdeinwirkung zu erkennen und das Seil ist ein typischer Strick, mit dem normalerweise Kühe angebunden werden.
Nach weiterer Suche finden die Abenteurer weitere Tote, alle mit den sicheren Symptomen von Selbstmord und die meisten mit einem Ausdruck schrecklichstem Entsetzen im Gesicht. Spätestens hier sollte der SL kurz die typische Ernährungsweise von Dämonen erklären, falls das nicht schon bekannt oder vermutet worden ist.
Der in der Nacht verschwundene Zwerg ist übrigens noch am Leben. Nach etwas Rumstöbern (immer mal wieder Wahrnehmung verlangen) und einer kleinen Kletterpartie auf den Grund einer Schlucht (Geschicklichkeit usw.) können die Charaktere den nach einem Sturz schwer Verletzten und Bewußtlosen in einem eiskalten Bach finden. Mit etwas gutem Willen und ein paar Heiltränken läßt sich der Mann wieder zu sich bringen; ohne Behandlung stirbt er in der nächsten Stunde. Falls sich die Helden um ihn kümmern, kommt er nach einiger Zeit wieder zu sich und kann erzählen, daß er nachts von einem leisen Weinen draußen geweckt worden und vor die Tür gegangen ist, um nachzusehen. Dann kann er sich nur noch verschwommen erinnern, daß ihn tiefste Verzweiflung gepackt hat und gleichzeitig das unwiderstehliche Bedürfnis, in den verbotenen Wald zu gehen, um um die Toten der Plage zu trauern. Am Rande der Schlucht war dann der seelische Schmerz so schlimm, daß er gesprungen ist. Allerdings ist dem Mann nicht klar, wieso ein so praktischer Zwerg wie er eine solche Depression bekommen hat. Er zeigt der Gruppe noch eine kleine alte Seilbrücke, die ein paar Hundert Schritt weiter über die Schlucht zum alten Kaer führt und begibt sich auf dem kürzestem Weg nach Hause - er fühlt sich zu schwach, um die Helden zu begleiten. (Kleiner Hinweis: Falls es jetzt niemandem auffällt, ist der Zwerg trotzdem verloren: Er hat ein Dämonenmal von der Blähform abbekommen. Dazu sollte jemand mal eine Astralsicht probieren, allerdings sind dann auch schon die Verunreinigungen des Astralraumes zu erkennen, die der Dämon hinterlassen hat. Am besten wäre es wohl, den Zwerg zu fesseln und erst einmal zurückzulassen, aber ansonsten findet ihn die Gruppe bei der Rückkehr tot am Waldrand wieder - er hat sich die Pulsadern aufgebissen.)
Die Seilbrücke ist einmal wieder so eine kleine Abenteurerfalle: Jede Menge Geschicklichkeitsproben und ein mieses Grinsen, wenn der Obsi oder der Troll die 40 Jahre alte und etwas morsche Konstruktion betreten. Es geht allerdings nur 10 Schritt in die Tiefe und es gibt ein paar Wurzeln zum Festhalten. Natürlich kann man das Ganze auch umgehen, indem man gleich auf der anderen Seite hochgeklettert ist, aber das solltest du ordentlich schwierig machen. Und ansonsten gibt es auch noch ein paar Zauber, die helfen. Dabei allerdings vorsichtig sein: Falls jemand mit roher Magie zaubert, hat er automatisch ein Dämonenmal - die Gruppe ist bereits in Reichweite der Blähform. Da wird dann alle paar Minuten eine Willenskraft oder -stärkeprobe nötig (unbedingt nur per Zettel, sonst macht es keinen Spaß), deren Höhe du am besten nach eigener Entscheidung nicht allzuhoch festlegst, damit derjenige sich nicht versucht, aus tiefstem Weltschmerz umzubringen. Falls es doch passiert, halten ihn die anderen hoffentlich davon ab ...
Eine weitere halbe Wegstunde entfernt befindet sich der Eingang zum Kaer - eine völlig uninteressante Angelegenheit, da das Ding ordentlich geräumt wurde. Man könnte höchstens noch ein paar theranische Schutzrunen abmalen, aber ansonsten gibt es auch bei intensivem Rumstöbern nichts zu finden. Außerdem würde das Zeit kosten und so langsam haben alle Charaktere ein unangenehmes Gefühl - sie fühlen sich beobachtet. Niemand kann genau sagen, woher.
Ein paar Schritt neben dem Einstieg steht ein riesiger alter Baum, eine knorrige Eiche. Charaktere mit Pflanzenkenntnis oder ähnlichem stellen mit Erstaunen fest, daß der Baum älter sein muß als die Plage - und das will etwas heißen, da kaum eine Pflanze die Plage überstanden hat. Genauere Untersuchungen ergeben, daß es so aussieht, als hätte in letzter Zeit jemand versucht, die Rinde zu zerkratzen oder den Baum zu verletzen. In der Nähe ist auch ein einfaches Messer zu finden, dessen Klinge allerdings abgebrochen ist (kein Wunder bei dem harten Holz) und ein Stück weiter das von kleinen Tieren und Insekten bis fast auf die Knochen abgenagte Skelett eines Orkkindes, das maximal vier Wochen hier liegt.
Fast nicht zu sehen ist zwischen den Wurzeln der Eiche eine roh behauene Steinplatte, die dick mit totem Moos bewachsen ist. Auch hier zeigt ein genaue Untersuchung, daß ein paar Zerstörungen relativ neu sind - ein Sprung im Stein ist mit einem spitzen Gegenstand verbreitert worden. Wenn die Helden das Moos beiseite schieben, stellen sie fest, daß die Platte mit völlig unbekannten verwitterten Schriftzeichen bedeckt ist und bei dem ungeschickten Rumstochern in dem Spalt ein paar der Zeichen zerkratzt worden sind. Falls der Troll lesen und schreiben kann, kommt ihm die Form der Runen bekannt vor, aber auch das ist keine für ihn lesbare Sprache.
In diesem Augenblick hören die Abenteurer ein Stöhnen aus der Tiefe, das offensichtlich unter der Platte herkommt und außerdem drückt etwas von unten dagegen, so daß der Stein leicht zittert.



Weiter

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Zurück zur Startseite